Münsterland Giro 2014 (Rennbericht)

Münsterlandgiro +1 (= ein Tag nach dem Münsterlandgiro)

Münster ist eine Fahrradstadt und wenn man mal mit dem Auto im Berufsverkehr unterwegs ist, weiss man auch warum. Nichts geht mehr, mit dem Rad wäre man doppelt so schnell. Da verbringt man wertvolle Zeit im Auto, die man wunderbar zum Warmfahren auf der Straße hätte gebrauchen können.

Zum Veranstaltungsgelände musste ich gestern ebenfalls mit dem Auto anreisen, das war zwar in dem Sinne kein Berufsverkehr, aber die Zielgerade und der Innenstadtkurs waren natürlich schon abgesperrt, was bei einem Radrennen dieser Größenordnung ja auch Sinn macht.

Also habe ich mich ordentlich verfahren und die Zeit, die ich dabei liegengelassen habe, fehlte nachher quasi im Startblock. Da darf man aus A starten und steht ganz hinten, schön blöd.

Nun ja. Wenigstens stelle ich nach den ersten Kilometern fest, dass die Spitzengruppe in Sichtweite ist, wenngleich bis dahin rein theoretisch mehrere hundert Fahrer zu überholen wären, darunter vermutlich einige sehr gute.

Das Feld ist hektisch unterwegs, es wird oft gebremst und geschrien, wahrscheinlich sind auch ein paar weniger geübte dabei. Ich nutze jede Lücke, arbeite mich vor und bin irgendwann bei meinem Teamkollegen, der ohne Umwege direkt vom Hotel in den Startblock rollen konnte und sich wahrscheinlich unmittelbar hinter dem Flatterband platziert hatte, das Führungsfahrzeug ist jetzt ganz schön nah.

Zwanzig Kilometer sind rum, es geht in die Baumberge, der Asphalt ist hier deutlich rauer, ach nee, ich habe hinten einen Platten. Shit! Das erste Rennen in meiner jungen Radsportkarriere, in dem ich ohne Ersatzschlauch und ohne Pumpe unterwegs bin.

Das Feld fährt vorbei, eigentlich ein idealer Standort zum Zuschauen. Es geht hier leicht bergauf, so mancher Westfale kommt da ordentlich ins Schwitzen. Manche schauen mitleidig, der eine oder andere ruft fragend, ob alles ok sei, was ich brauche, etc. Hunderte fahren vorbei, eine Frau fährt raus und will mir Material und Hilfe anbieten, super nett, aber ich schicke sie schnell wieder auf die Strecke und warte auf den Besenwagen.

Mitten im Feld ein holländischer Kombi mit Rädern auf dem Dach, so was bräuchte ich jetzt, aber die schauen sich scheinbar nur die Strecke für die Profis an. Ein paar Meter schiebe ich das Rad, hier ist ein Wohnhaus, auf der Straße stehen Kinder und klatschen jeden Fahrer ab, ich mache gleich Werbung für den Girolino. Vati lacht und schimpft von der Terrasse (ein Logenplatz!), er bietet mir Flickzeug an, damit ich schnell weiterfahre, anstatt seine Kinder für den Radsport zu rekrutieren.

Kaum ist der Werkzeugkoffer ausgepackt, hält der Bulli eines lokalen Fahrradladens. Zwei Jungs rupfen den Mantel von der Felge, hämmern einen Schlauch rein, das wirkt schnell, ist in Wirklichkeit aber etwas hektisch und wenig professionell, aber einmal ist immer das erste Mal, vielleicht hat der junge Mann bisher nur Hollandfietsen repariert, ein Rennrad ist da schon etwas sensibler.

Das nächste Rennen kommt, ich reihe mich ein, so komme ich wenigstens über gesperrte Straßen zurück zum Schlossplatz und kann gleichzeitig noch ein bischen Fahrradfahren. Baumberge rauf, Baumberge runter, dann ist da wieder die Sache mit dem rauen Asphalt … Dieses Mal nehme ich mir fest vor, den rollenden Fietsenflicker vorbeizuwinken und in den Besenwagen einzusteigen, da schiesst aus der Ferne ein holländischer Kombi auf mich zu. Auf dem Dach sind Räder, hinten rechts springt ein Mann raus, der Fahrer ebenfalls. Schwuppdiwupp habe ich ein neues Laufrad, absolutes Profimaterial und die Ritzelabstufung wirkt ebenfalls recht ambitioniert.

So, also kein Besenwagen, sondern von hier an Vollgas bis ins Ziel. Ein Feld von hinten aufräumen macht irgendwie auch Spaß, man kommt sich ganz schön schnell vor. Es dauert Ewigkeiten, bis ich Grüppchen finde, die mal ein paar hundert Meter mitgehen, irgendwie sind die alle schon grau oder Genußradler, ich weiss es nicht. Mir kommt es wieder vor wie ein Zeitfahren, Gruppe für Gruppe fahre ich vorbei, das ist schon irre. Ein paar Kilometer vor der Stadt erreiche ich ein größeres Feld, auch die bummeln rum, ich gehe bald nach vorne und fahre einfach weiter, das ist wirklich nicht mein Tempo hier, so blöd das auch klingt. Ich rechne fest mit ein paar Verfolgern, drehe mich um und bin alleine unterwegs. Verdammter Mist, so gute Beine und dann so ein Pech mit den Defekten!

Egal, ich simuliere ein echtes Rennen und schraube bei der Flamme rouge noch mal das Tempo hoch, bei 250 gehe ich in den Sprint, hoffentlich erwischt mich wenigstens der Fotograf.

Fazit: Ein super Tag, tolle Leute an der Strecke, Bombenwetter, gerne wieder und zwar so bald wie möglich!

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