Im Gespräch mit Fabian Wegmann

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Fabian Wegmann fährt für das ProTour Team Garmin-Sharp, beim Rennen in seiner Heimatstadt Münster ist er für das „Team Deutschland“ des BDR angetreten. Am Vorabend des Münsterland Giro haben wir ihn getroffen, im Gespräch mit El Fritzel erzählt er gut gelaunt von den Unwettern in Florenz und freut sich auf Peking.

Fabian, der Münsterland Giro gilt traditionell als Abschluss der Radsportsaison in Deutschland, was waren Deine Highlights dieses Jahr?

In jüngster Vergangenheit waren das die Rennen in Québec, wo ich im ProTour Rennen Vierter werden konnte, damit war ich echt sehr, sehr zufrieden. Anfang der Saison waren es halt die Ardennenklassiker, die mir immer liegen. Mit Amstel Gold war ich nicht ganz so zufrieden, da war ich Zwölfter oder Dreizehnter, da war unsere Gruppe auf Podiumsplatzierung, da hätte auch mehr drin sitzen können, aber dann die anderen beiden Rennen, mit Dan Martin waren wir einmal Vierter, dann haben wir Lüttich gewonnen, das war schon mit ein Highlight. Und ich bin einige Rennen gefahren, wo ich die Helferrolle innehatte und wir ein gutes Ergebnis rausgefahren sind, zweiter bei Paris-Nizza, das hat schon Spaß gemacht.

Hast Du jenseits von dem eigentlichen Wettkampfgeschehen Zeit, ein bisschen was mitzunehmen von den Gegenden, wo ihr unterwegs seid?

Ja, es kommt immer darauf an. Also jetzt zum Beispiel fahre ich von hier aus direkt zur Lombardeirundfahrt und dann noch nach Peking und da sind wir halt vier Tage vorher da. Das habe ich letztes Jahr auch schon gemacht, und da hatte man einfach vier Tage Zeit, wo man mal in die Stadt gehen konnte und sich ein bisschen was angucken konnte, da sind wir mal zur chinesischen Mauer, haben das obligatorisches Foto gemacht, solche Sachen eben (lacht). Ab und zu kann man das schon, aber es gibt auch Rennen, wo ich überhaupt nicht weiß, wo ich bin, wie die Stadt heißt, bei Rundfahrten ist das oft so. Bei der Polenrundfahrt war das ganz oft, dass man im Dunkeln ankommt, weil die Rennen so spät sind, man kommt dann halt um neun Uhr ins Hotel und weiß nicht, wie die Stadt heißt, wie das Hotel heißt, geht rein und schläft so lange wie es geht. Am nächsten Morgen ist wieder Start, da sieht man dann nicht so viel. Oder man sieht halt das auf dem Rad, aber wenn schönes Wetter ist siehst Du auch mehr als wenn es dreckiges Wetter ist. Wenn es jetzt wie am Sonntag in Florenz ist, da genießt Du die Landschaft nicht.

Wobei Florenz ja eigentlich als sehr schöne Stadt gilt.

(lacht) Sehr schön, aber das war nicht schön, was wir da erlebt haben. (lacht)

Das waren wirklich extreme Wassermassen, hast Du so was vorher schon mal erlebt?

Das es schon mal wolkenbruchartig geregnet hat schon, aber nicht so lange. Also es war ja wirklich die ersten drei Stunden, wo es ständig so war, mit Blitz und Donner – und dann war es natürlich auch noch eines der längsten Rennen überhaupt. Noch länger ist nur Mailand–Sanremo. Und das hat es einfach so brutal gemacht.

Florenz war – korrigier mich – 260 km?

272

272, hätte ich Dir fast noch 12 km geschenkt… (lacht)

Also ich bin einmal Lüttich bei Regen gefahren, da waren halt die Straßen nass und es hat einfach geregnet, aber da war ja teilweise zwanzig Zentimeter das Wasser auf der Straße, also wirklich, da hat man einfach mit dem Kopf geschüttelt und gedacht, eigentlich müsste hier mal jemand sagen, das ist kein Radrennen mehr.

Das waren unglaubliche Bilder in den Onlinemedien, ich habe zuerst gedacht, das kann nicht wahr sein, die Bilder sind irgendwie eingespielt oder es sind Symbolbilder für schlechtes Wetter – zum Teil stand das Blatt in den Senken im Wasser…

Das war surreal irgendwie. (lacht)

Jetzt hast Du mir vorhin im Prinzip eine Frage schon vorweggenommen – der Münsterland Giro ist ja tatsächlich nicht der Abschluss der Saison, nur hier für uns in Deutschland…

…für die deutschen Rennen…

Du hast gesagt es geht jetzt noch zur Lombardeirundfahrt und nach China, wann ist denn für Dich wirklich Schluss? Fahrt Ihr die letzten Rennen noch kurz vor Weihnachten?

(lacht)

Was steht als letztes auf dem Programm?

(lacht) Also für mich ist wirklich jetzt nach Peking Schluss, und ab dem 17. Oktober habe ich dann Urlaub. Also zwei, drei Teamkollegen von mir, die fahren noch nach Japan, zum Japancup, da ist noch ein Rennen, die sind dann eine Woche später da.

Aber um noch mal kurz auf Münster zurückzukommen, in mehrerlei Hinsicht nimmt Münster ja so eine Sonderrolle ein. Für Dich ist Münster möglicherweise etwas besonderes, weil Du Münsteraner bist, und das andere ist, dass in Münster kombiniert mit eurem Profirennen ein riesengroßes Jedermannrennen stattfindet, mit 4000, 4500 Teilnehmern, Hobbyfahrern.

Insgesamt sind es glaube ich fast 5000, die am Start stehen, mit allen Klassen, mit Profis und so.

Bekommt ihr als Berufsfahrer überhaupt was davon mit von dem Jedermannrennen und von dieser Begeisterung?

Nicht wirklich. Also mit Sicherheit von der Begeisterung, das ist ja das schöne, da machen Jedermänner mit, wir fahren bei denen durch die Vorgärten, die da auch teilweise mitfahren, die Familien von denen stehen am Straßenrand, und die stehen da natürlich auch länger und feuern uns auch noch mit an, und das ist ein schönes Paket, wir haben ähnliches in Hamburg auch, wo es so ähnlich gehandhabt wird, und dass finde ich ein gutes Konzept. Irgendwie ist es ja auch so, wir bekommen von den Fahrern an sich nicht so viel mit, weil die starten hier in Münster und haben das Ziel in Münster, wir fahren raus, bekommen das also morgens hier nicht mit, und wenn wir reinkommen sind die schon fertig.

In der Vergangenheit mussten sich deutsche Profiteams auflösen, der Jedermannradsport hingegen boomt. Viele Unternehmen rangeln sich um die attraktivsten Teams um sie zu sponsern, andere haben ihr Engagement im Profibereich zurückgezogen.

Ja, ich denke der größte Anteil der Sponsoren, die im Jedermannbereich sind, kommen auch aus der Radindustrie. Das ist natürlich ein Riesenmarkt. Und der Radindustrie geht es einfach im Moment – ich sag mal – relativ gut. Trek hat einen eigenen Profirennstall, Cannondale hat mittlerweile einen eigenen Rennstall, es gibt Teams die – wie BMC – rein von der Radindustrie gehalten werden. Die sind überall aktiv, auch bei uns mehr als es vor ein paar Jahren noch war. Aber nichts desto trotz ist das auch ein Riesenmarkt für andere. Der Profisport wird auch immer teurer für die Teams, die Budgets müssen immer höher werden, gerade auch wegen der ProTour, die Saison wird immer länger, man muss diese ganze Logistik auch stemmen. Früher hat man einen Bus gehabt pro Team, das war dann schon schön, heute braucht man mindestens zwei, weil man oft zwei-, dreigleisig fährt. Dann hat man natürlich auch ein Riesenteam was viel kostet. Es gibt genügend Teams, die gerne weitermachen würden, die aber einfach nicht ganz das Budget haben. Die schon ein gutes Budget haben, aber eben nicht mehr das, um mitmachen zu können.

Was hast Du Dir für morgen vorgenommen, für den Münsterland Giro? Hast Du einen bestimmten Plan im Hinterkopf oder habt ihr einen Plan mit dem Team?

Also mit Marcel brauch ich nicht auf die Zielgerade zu kommen (lacht) wenn ich gewinnen will… Ich war vor zwei Jahren mal sechster hier im Sprint und ich glaube das ist schon das Größte was ich hier reissen kann. Wenn ich gewinnen will, muss ich in einer Gruppe ankommen. Und das wird sehr schwer, aber ich habe eigentlich nichts zu verlieren. Ich bin motiviert, ich freue mich auf das Rennen morgen – und: Attacke!

Ja, dann – vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg morgen!

Wunderbar, ja, vielen Dank!

– – –

(Das Gespräch führte El Fritzel am 03.10.2013 in Münster.)

Fabian Wegmann im Netz: fabianwegmann.de
Zum Sportlerportrait auf rad-net.de: rad-net.de/sportlerportrait/Fabian_Wegmann

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